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Der Erlass des Reichsministers des Innern vom 12. Dezember 1938 ordnet die Erfassung der Unterbringungskapazitäten aller Gemeinden im Deutschen Reich an. Dies dient der vorübergehenden Einquartierung von Truppen.
Bürgermeister müssen die Belegungsfähigkeit ihrer Gemeinden dokumentieren und die Daten in Listen und Karteien festhalten. Diese werden dann an Landräte übermittelt, die die Informationen überprüfen und bis 15. Februar 1939 an höhere Verwaltungsbehörden weiterleiten. Diese Behörden senden die Daten bis 1. März 1939 an die Wehrkreiskommandos.
Änderungen in der Belegungsfähigkeit müssen jährlich gemeldet werden. Es gibt detaillierte Regelungen zur Unterbringung von Wehrmachtangehörigen, einschließlich spezifischer Vorschriften zur Einquartierung bei Juden.
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Abschrift.
Der Reichsminister des Innern Berlin, den 12. Dezember 1938
586/38 Nr. 1 Ra 117
Runderlaß des Reichsministers des Innern über Feststellung der Belegungsfähigkeit der Gemeinden.
1. An die
Reichsstatthalter — Landesregierung — in Hessen sowie in Lippe und Schaumburg=Lippe,
den Reichsstatthalter — Staatssekretär und Leiter des Thüringischen Ministeriums des
Innern —,
den Reichsstatthalter in Hamburg,
die Innenministerien von Württemberg, Baden, Mecklenburg, Braunschweig, Oldenburg und Anhalt sowie die Landesregierung in Schaumburg=Lippe,
den Reichskommissar für das Saarland,
die Landeshauptmänner in Österreich und den Bürgermeister der Stadt Wien,
den Regierenden Bürgermeister in Bremen,
die Regierungspräsidenten in Preußen und die entsprechenden Behörden in Bayern und Sachsen sowie den Oberbürgermeister der Reichshauptstadt Berlin.
2. An die Landräte in Preußen und die entsprechenden Behörden in den außerpreußischen Ländern.
3. An die Gemeinden.
Nachrichtlich an den Reichskommissar für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich in Wien,
den Reichsstatthalter — österreichische Landesregierung —,
den Reichsstatthalter — Landesregierung — in Sachsen,
den Reichskommissar für die sudetendeutschen Gebiete,
das Bayerische Staatsministerium des Innern,
die preußischen Oberpräsidenten und den Stadtpräsidenten der Reichshauptstadt Berlin, die Landeskommissäre in Baden.
I
Als Unterlage für vorübergehende Belegung von Gemeinden durch Truppen usw. auf Märschen, bei Übungen, Kommandos oder bei besonderem Einsatz ist eine Feststellung der Belegungsfähigkeit aller Gemeinden des Reiches nach einheitlichen Richtlinien erforderlich geworden. Das Wehrleistungsgesetz
vom 13. Juli 1938 (Reichsgesetzbl. I S. 887) und seine durchführungsbestimmungen haben dafür eine einheitliche Rechtsgrundlage geschaffen. Außerdem sind in den letzten Jahren in sehr vielen Gemeinden
praktische Erfahrungen auf diesem Gebiet gesammelt worden, da infolge der Vermehrung unserer Wehrmacht oder aus anderen Anlässen nunmehr in fast allen Gegenden des Reiches Einquartierungen von Truppen stattgefunden haben.
Die Feststellung der Belegungsfähigkeit hat in jeder Gemeinde durch den Bürgermeister unter Beachtung der auf Seite 3 abgedruckten „Bestimmungen für die Gewährung von Unterkunfte zu erfolgen. Die festgestellte Belegungsfähigkeit der einzelnen Häuser (Gehöfte) ist in übersichtlicher Weise in Listen oder Karteien (in größeren Gemeinden straßenweise, in großen Städten außerdem bezirksweise) zu vermerken. Die Zusammenstellung der Ergebnisse für die Gemeinde hat der Bürgermeister auf den beiliegenden „Vordruck für die Gemeinde= (nach den dort aufgedruckten Richtlinien) einzutragen und diese Zusammenstellung und die ihr zugrunde liegenden Listen oder Karteien so aufzubewahren, daß im Bedarfsfalle eine Belegung jederzeit schnell durchgeführt werden kann. Außerdem hat der Bürgermeister die gleichen Ergebnisse auf die anliegende Karteikarte A (roter Karton) und die Bürgermeister der kreisangehörigen Gemeinden auch auf die anliegende Karteikarte B (graugrüner Karton) einzutragen. (Den Oberbürgermeistern kreisfreier Städte ist Ausfüllung der Karteikarte B für ihren eigenen Gebrauch freigestellt.) Die Bürgermeister der kreisangehörigen Gemeinden haben die beiden Karteikarten A und B sodann bis spätestens 25. Januar 1939 dem Landrat einzureichen.
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Die Landräte haben die Eintragungen in die Karteikarten daraufhin zu prüfen, ob die Feststellung der Belegungsfähigkeit der Gemeinden ihres Kreises nach einheitlichen Gesichtspunkten erfolgt ist und die Karteikarten vollständig ausgefüllt sind. Erforderlichenfalls haben sie Berichtigung, Ergänzung oder
Ausstellung neuer Karteikarten zu veranlassen. Die Karteikarten B (graugrüner Karton) verbleiben bei ihnen und bilden ihre Kartei für die Belegungsfähigkeit der Gemeinden ihres Kreises.
Die unteren Verwaltungsbehörden, d. h. die Landräte und die Oberbürgermeister kreisfreier Städte, haben die Karteikarten A (roter Karton) bis spätestens 15. Februar 1939 den in der Anschrift dieses Erlasses unter Nr. 1 aufgeführten höheren Verwaltungsbehörden einzureichen, die sie ihrerseits beschleunigt, bis spätestens 1. März 1939, kreisweise geordnet, den zuständigen Wehrkreiskommandos (Abt. Mil Geo) einzusenden haben.
Sollten aus ganz besonderen Gründen (z. B. infolge Witterungsschwierigkeiten im Hochgebirge im Winter oder infolge sehr umfangreicher Feststellungen in besonders großen Städten) die Termine nicht eingehalten werden können, ist Fristverlängerung bei der höheren Verwaltungsbehörde zu beantragen
und von dieser mit dem Wehrkreiskommando (Abt. Mil Geo) zu vereinbaren. Die fristgerechte Einreichung der übrigen Karteikarten darf dadurch nicht aufgehalten werden.
II
Wenn im Laufe der Zeit Änderungen in der Belegungsfähigkeit der Gemeinden (z. B. durch Änderung der Gemeindegrenzen oder durch Wegfall oder Neuhinzukommen von Belegungsmöglichkeiten) eintreten, die die Belegungszahlen um mindestens 20% vermindern oder vermehren, haben die Bürgermeister der kreisangehörigen Gemeinden neue Karteikarten A und B auszustellen und diese zum 1. März jedes Jahres dem Landrat einzureichen.
Unter den gleichen Voraussetzungen haben die Oberbürgermeister der kreisfreien Städte neue Karteikarten A auszustellen.
Die Landräte und die Oberbürgermeister kreisfreier Städte haben die neuen Karteikarten A zum 15. März jedes Jahres der höheren Verwaltungsbehörde vorzulegen.
Die höheren Verwaltungsbehörden haben die bei ihnen eingehenden neuen Karteikarten A zum 1. April jedes Jahres den Wehrkreiskommandos (Abt. Mil Geo) einzusenden. (Meine an die höheren Verwaltungsbehörden im Altreich gerichteten Runderlasse, betreffend Zusammenstellung über
die Belegungsfähigkeit der Ortschaften des Reichsgebiets, vom 30. (. 1936 — 1 Z/R 117-535/36 — und
vom 1. 12. 1936 — 1 Z/R 117-215/36 — treten damit außer Kraft).
III
Im Interesse der Beschleunigung und Vereinfachung erfolgt Zusendung dieses Runderlasses und der Karteikarten bis zu den unteren Verwaltungsbehörden unmittelbar durch die Reichsdruckerei.
Die Landräte erhalten die für die kreisangehörigen Gemeinden erforderliche Anzahl von Stücken nebst einem Zuschlag von ungefähr 20 %. Die Oberbürgermeister der kreisfreien Städte erhalten mindestens
2 Karteikarten A sowie (zur Erleichterung dezentralisierter Bearbeitung) für ungefähr je 10 000 Einwohner einen Abdruck dieses Runderlasses und eine Karteikarte B. Soweit diese Stücke nicht ausreichen, sind Nachforderungen von den unteren Verwattungsbehörden an die höheren Verwaltungsbehörden zu richten.
Die höheren Verwaltungsbehörden erhalten Runderlaß und Karteikarten in der ungefähren Anzahl von 10% der an die unteren Verwaltungsbehörden ihres Bezirks ausgegebenen Stücke, um daraus Nachforderungen zu decken.
IV
Für die sudetendeutschen Gebiete bleibt die Durchführung des Runderlasses vorläufig noch zurückgestellt.
Im Auftrag
Dr. Stuckart
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Bestimmungen für die Gewährung von Unterkunft I. Aus dem Wehrleistungsgesetz vom 13. Juli 1938 (Reichsgesetzbl. I S. 887)
§5
Gewährung von Unterkunft
(1) Zur Unterbringung sind Räume und Plätze insoweit zur Verfügung zu stellen, als der Unterkunftgeber in der Benutzung der für seine Wohn=, Wirtschafts=, Berufs= und Gewerbebetriebs unentbehrlichen Räume und Plätze nicht gehindert Gebäudeteile wird.
(2) Die Unterkunft kann bestehen in:
1. Unterkunft für Angehörige der Bedarfsstelle ( das sind vor allem die Wehrmachtangehörigen)
2. Stallungen und gedeckten Räumen für Tiere und Beförderungsmittel, Waffen und Gerät,
3. notwendigen Werkstätten, Diensträumen, Plätzen und Lagerräumen
Befreiungen
(auf Grund der Bestimmungen der §§ 28 und 29)
Befreit von der Gewährung von Unterkunft nach § 5 des Wehrleistungsgesetzes sind unter anderem:
a) Leiter und Mitglieder der bei dem Deutschen Reich beglaubigten diplomatischen Vertretungen sowie Berufskonsuln Gewährung von Unterkunft und Berufskonsularbeamte (Vizekonsuln, Kanzler und (1 Sekretäre), soweit sie nicht im Reichsgebiet ein Handels geschäft oder Gewerbe betreiben, hinsichtlich der von ihnen für den Dienst oder als Wohnung benutzten Gebäude oder Gebäudeteile ,
b) Gebietskörperschaften sowie alle innerhalb des Reichsgebiets bestehenden Körperschaften und andere Personenvereinigungen, Anstalten, Stiftungen und sonstige Einrichtungen hinsichtlich der Gebäude und Gebäudeteile, die zu öffentlichen Dienst oder Gebrauch verwendet werden, mit Ausnahme der Schulen,
c) die öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften hinsichtlich der Kirchen und anderer dem öffentlichen Gottesdienst gewidmeter Gebäude und Gebäudeteile,
d) das Unternehmen Reichsautobahnen und die vom Reichs minister des Innern besonders bestimmten sonstigen Verkehrsunternehmungen hinsichtlich der für den Dienst be nutzten Gebäude und Gebäudeteile.
II. Aus der Vorläufigen Durchführungsbekanntmachung zum Wehrleistungsgesetz
vom 16. Juli 1938 (Reichsministerialbl. S. 493), zu § 5:
A. Für gewöhnliche Belegung
1. Quartierraumerfordernis
Vom Quartiergeber ist zu gewähren:
für Offiziere
1 Zimmer und 1 Stube für Ordonnanzen (für Generale 2 Zimmer);
Für Soldaten vom Hauptfeldwebel abwärts
angemessene Quartiere (für Unteroffiziere mit Portepee möglichst Einzelräume)
unter den in Ziffer 3 enthaltenen Einschränkungen.
Stallungen in derjenigen Beschaffenheit, in der der Quartier geber solche in seinem Wirtschaftsgebrauche benutzt.
2. Offizierquartier
(Offiziere, Sanitätsoffiziere, Veterinäroffiziere und Wehrmachtbeamte im Offizierrang)
Jeder Offizier usw. hat Anspruch auf angemessene Ausstattung des Zimmers, zum mindesten auf ein reines Bett, einen Spiegel, einen Tisch, einige Stühle, einen Schrank und Wasch und Trinkgeschirr.
Die Ausstattung der Stuben für Ordonnanzen ist dieselbe wie diejenige der Mannschaftsquartiere.
Diese Vorschriften über Umfang und Ausstattung der Offizier quartiere finden nur insoweit Anwendung, als denselben entsprochen werden kann, ohne die Quartiergeber zur Aufwendung von Kosten zu nötigen, die die zu gewährende Quartiervergütung überschreiten würden.
3. Unteroffizier= und Mannschaftsquartier
Die Soldaten vom Hauptfeldwebel abwärts müssen, wenn Schlafkammern, Betten und Decken nicht gewährt werden können), sich mit einer Lagerstätte aus frischem Stroh, das in angemessenen Zeiträumen, spätestens nach acht tägiger Benutzung zu erneuern ist, in einem gegen die Witterung gesicherten Obdach und mit einer Gelegenheit zum Aufhänger oder Niederlegen der Bekleidungs= und Ausrüstungsstücke und Waffen begnügen. Den Unteroffizieren sind, soweit vorhanden, besser ausgestattete Räume zuzuweisen.
4. Stallungen
Für die Stallungen ist an Streustroh, Stallicht, Stalleinrichtung und Stallgerät nur das Notwendigste und Hausübliche zu beanspruchen.
B. Für enge Belegung
(Die hierfür ermittelten Zahlen müssen größer sein als die für gewöhnliche Belegung)
Wenn für einzuquartierende Teile der bewaffneten Macht nur Unterkunft unter Dach und Fach — enges Quartier — gefordert wird, so greifen außerdem folgende Bestimmungen Platz:
Die Mannschaften vom Hauptfeldwebel abwärts haben in einem gegen die Witterung schützenden Obdach nur Anspruch auf eine Lagerstätte von frischem Stroh und auf eine Gelegenheit zur Aufbewahrung der Waffen und zum Niederlegen der Bekleidungs= und Ausrüstungsstücke.
Für die Pferde kann nur Unterkunftsraum und Schutz gegen Wind und Wetter mit Vorrichtung zum Anbinden beansprucht werden.
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*) Bei gewöhnlicher Belegung sind also Betten und Decken, soweit vorhanden, zu gewähren.
III. Einquartierung bei Juden
Runderlaß des Reichsministers des Innern vom 16. Juli 1938 — I Ra 197/38 II — 117 — (Ministerialblatt des Reichsmini steriums des Innern S. 1180)
Auf Grund des § 33 des Gesetzes über die Leistungen für Wehrzwecke (Wehrleistungsgesetz vom 13. Juli 1938, Reichsgesetzbl. I S. 887) bestimme ich im Einvernehmen mit dem Oberkommando der Wehrmacht folgendes:
(1) Wehrmachtangehörige sind bei Juden (§5 der Ersten VO. zum Reichsbürgergesetz vom 14. November 1935, Reichsgesetzbl. I S. 1333) nicht einzuquartieren.
(2) In zwingenden Fällen können hiervon Ausnahmen zugelassen werden, wenn die Einquartierung keine häusliche Gemeinschaft mit jüdischen Personen zur Folge hat. Gehört z. B. ein für die Einquartierung in Frage kommendes Gebäude zwar einem Juden, kommt aber eine häusliche Gemeinschaft mit jüdischen Personen für die Einquartierung nicht in Frage, weil diese während der Zeit der Einquartierung nicht anwesend sind, oder weil sie in einem getrennt liegen den anderen Gebäude wohnen, wie dies auf einem Gutshof oder in einer Fabrik oder unter ähnlichen größeren Raumverhältnissen möglich ist, steht der Einquartierung nichts im Wege.
(3) Zweifelsfälle sind im Einvernehmen mit dem örtlichen Hoheitsträger der Partei zu entscheiden.